Alpentour 2018

In 9 Etappen vom Rheintal durch die Schweiz, Frankreich und über die oberitalienischen Seen und wieder zurück ins Rheintal

Bericht und Bilder zur Tour von Ulf angereichert mit Bildern von Georg.

Die Beschreibungen der Etappen sind der Alpentour-Ausschreibung 2018 von Holger entnommen.

Geplante Strecke

Die Profile wurden mit dem Rennrad-Tourenplaner von www.quaeldich.de erzeugt.



Etappe 1: 137 Kilometer, 3.400 Höhenmeter

Unsere Etappenfahrt startet in Rankweil im Rheintal. Die ersten 25 Kilometer rollen wir teilweise auf dem Rheintal-Radweg bis Grabs. Von dort aus führt eine fast autofreie, schmale, gut asphaltierte Straße hinauf in eines der schönsten Schweizer Hochtäler, das Toggenburg.
Dem Fluss Thur folgend geht es bergab nach Vorder Starchenbach, von wo aus wir das Vorder Höhi in Angriff nehmen, ein fast verkehrsfreier Anstieg. Bei der Abfahrt eröffnen sich schöne Ausblicke auf den Walensee. Wir folgen der Linth bis Linthal und biegen Richtung Klausenpass ab, dem Highlight der Etappe. Mit dem knapp 6 Kilometer langen Flachstück bei Unterboden sollten die insgesamt 22 Kilometer und 1.200 Höhenmeter gut zu meistern sein.
Nach einer rasanten Abfahrt erreichen wir unser Ziel Attinghausen, unweit des südlichen Ausläufers des Vierwaldstätter Sees.

Samstag, 14. Juli 2018 Startaufstellung in Rankweil

In Unterboden vor dem Klausenpass ist für mich Schluss. Meine Beine sagen NEIN, mein Kopf: „Auf was hast du dich da eingelassen!“ Gedanken der sofortigen Heimfahrt schwirren umher. Hier an der Kantonsgrenze nach Uri sollte, auf dem Flachstück durch das schöne Hochtal, eigentlich Entspannung der Beinmuskeln einkehren – aber NEIN – Krämpfe plagen mich auf den letzten Metern! Der Verpflegungswagen ist meine Rettung.
Die erste Etappe starten wir pünktlich um 8:30 Uhr in Rankweil. Beste Bedingungen: gute Luft, bestes Wetter, geniales Alpenpanorama, was will man mehr.
In flotter Fahrt geht es zunächst durch Rheintal in die Schweiz, über Grabs und Wildhaus dem ersten wirklichen Anstieg zum Vorder Höhi mit 1537 m ü. NHN entgegen. Mit einem, wie ein Teilnehmer so treffend formuliert, griffigen Anstieg mit bis zu 11 Prozent. Bei der anschließenden Abfahrt zum Walensee genießen wir die tollen Ausblicke und die Verpflegung am See. Hier zeigt sich gleich zu Beginn unserer Etappenfahrt das Niveau unserer Verpflegung – einfach genial – alles was Herz und Körper begehren. Die anschließende schnelle Fahrt durchs Linth-Tal wird für mich, der Anfang vom Ende. Die Pflastersteinkurven kurz nach Linthal zeigen den Anstieg zum Klausenpass an.

Bilder von Georg:


Etappe 2: 134 Kilometer, 3.615 Höhenmeter
Wir starten entlang der Reuss. Die ersten 15 Kilometer sind zum Einrollen, dann nimmt die Steigung zu bis wir in Wassen rechts zum Sustenpass abbiegen, der zwar im unteren Teil aufgrund einer langen Geraden nicht viel Abwechslung bietet, aber mit einer Steigung zwischen 7 und 9 % nicht allzu anspruchsvoll sein sollte. Die Passhöhe lädt nicht zum längeren Verweilen, so dass wir schnell die Abfahrt nach Innertkirchen nehmen. Von dort aus geht es im Schatten des Dreigestirns Eiger, Mönch und Jungfrau zum Highlight der Etappe, der Großen Scheidegg. Auf der für den allgemeinen Verkehr gesperrten 3 Meter breiten Straße von Meiringen nach Grindelwald darf nur der Postbus verkehren. Nachdem wir die Passhöhe gemeistert haben, geht es fast nur noch bergab nach Aeschi bei Spiez am Thuner See zu unserer Unterkunft mit Seeblick.

Blick zum Sustenpass

Etwas kuriert von der ersten Etappe und meinem Einbruch vor dem Klausenpass, habe ich mit Lothar „meinen“ Mittradler für die nächsten Etappen gefunden. Wir entschließen uns von Wassen kommend den Sustenpass erst ab dem Hochtal zu fahren und nutzen Dirks Angebot den Verpflegungswagen als Shuttle zu nutzen. So haben wir etwas Vorsprung vor der Gruppe und können die Berge in unserem Tempo angehen. Der zweite autofreie Anstieg zur Großen Scheidegg läuft für uns beide recht gut. Nur kurz nach der endgültigen Sperre für den Autoverkehr, an der Schwarzwaldalp, wird die Straße deutlich steiler. Abschnitte mit > 15 Prozent und aus den dunklen Wolken kommen für ein paar Minuten Regentropfen. Bei den Almwiesen von Alpiglen ist der Spuck schon wieder vorbei und die Große Scheidegg mit 1962 m ü. NHN kann im Sonnenlicht für kurze Zeit ihr volles Panorama z.B. zur Eigernordwand zeigen.
Erhöhte Vorsicht ist bei der Abfahrt wegen bergauffahrender Postbusse geboten. Diese machen sich mit dem berühmten Dreiklanghorn, das auf Bergstrassen zum Einsatz kommt, aufmerksam. Das Klangmotiv stammt übrigens aus dem Andante der Ouvertüre zu Rossinis «Willhelm Tell» und umfasst die Töne cis, e und a in A-Dur. Die Fahrer freuen sich, wenn man sich bei den äußerst schmalen Straßenverhältnissen etwas in die „Pampa“ verdrückt.

Der "Fausto Coppi Fahrer" hat sich mit seiner Übersetzung ganz schön quälen müssen und gefragt, ob wir wüssten ob er mit seiner Schaltung ein größeres Ritzelpaket verwenden könnte – wohl eher nicht.

 

Blick von der Großen Scheidegg Richtung Eiger, Mönch und Jungfrau

Bilder von Georg:


Etappe 3: 166 Kilometer, 2.900 Höhenmeter
Diese Etappe führt uns Richtung französische Schweiz ins Rhonetal. Um dem Verkehr durch das Simmetal zu entgehen, fahren wir oberhalb des Thuner Sees entlang Richtung Wattenwil und nehmen von dort aus den Gurnigelpass in Angriff. Zur Auswahl steht eine kürze,  steilere Variante oder eine um 8 Kilometer längere, sanfter ansteigende. Da das Wochenende vorbei ist, können wir mit moderatem Verkehr rechnen. Optional können wir den Gurnigelpass umfahren, was die Etappe um 400 Hm und 10 km verkürzt. Die Strecke führt uns nun flach durch das Gruyère- und durch das Sarine-Tal. Vor Chateau d‘Oex biegen wir ab zum Aufstieg in den Col des Mosses. Abfahrt ins Rhone-Tal und schon ist unser Ziel Saint-Maurice erreicht.

Aeschi nach dem Regen am Abend und in der Nacht, grandioser Ausblick von der Toilette

Lothar und ich umfahren den Gurnigelpass über das Simmental, so stoßen wir erst wieder nach Chateau-d’Oex auf die von Holger geplante Streckenführung und nehmen den Col de Mosses der Etappe noch mit. Ein entspannter Rennradtag für uns beide. Der Autoverkehr durch das Simmental hält sich dank Wirtschaftswegen, zumindest an diesem Tag, in Grenzen.

Bilder von Georg:


Etappe 4: 138 Kilometer, 3.000 Höhenmeter
Weiter geht es nach Frankreich. Aus dem Rhone-Tal führt uns der Col de la Forclaz über die Grenze. Der Name scheint beliebt zu sein, denn diesen fahren wir zweimal auf dieser Etappe, als erstes und als letztes. Die Route dazwischen sollte tolle Ausblicke auf das Mont Blanc Massiv bieten.

Der Auguille du Midi, einer der versprochenen Ausblicke auf die Mont-Blanc-Gruppe von Chamonix

Lothar und ich schenken uns die Anfahrt über Martigny sowie die ersten Höhenmeter und steigen, bei der heutigen Etappe,  am Col de la Forclaz ein. Ab dem Col de Montets, kurz vor Argentère genießen wir den Blick auf das Mont Blanc Massiv – immer wieder atemberaubend! Dieser begleitet uns bis nach Chamonix. Nach Les Houches kommt nochmal ein kleiner Anstieg und dann geht es in nicht enden wollenden  Serpentinen abwärts zur L‘ Arve. Im Schatten gibt es wieder Verpflegung. Beate begleitet uns ab hier über den zweiten Col de la Forclaz nach Beaufort, der Tour de France entgegen.

Bilder von Georg:


Etappe 5: 122 Kilometer, 3.600 Höhenmeter
Es geht zum Dach der Tour, dem 2764 Meter hohen Col de l‘Iseran. Doch vorher steht noch der Col de Pré, eine ruhige Nebenstrecke zum Cormet de Roselend an. Unser Ziel ist das Arc Tal.

 

Eines der Highlights unserer Etappe: direkt vor dem Hotel geht es gleich auf die Tour de France-Strecke. Wir schreiben den 18. Juli 2018, es ist noch früh am Tag, die meisten Tour-Fans schlafen noch in ihren Wohnmobilen oder Zelten am Straßenrand. Die Straße ist für Autos und Motorräder gesperrt. Ich genieße, als Einzelfahrer und Frühstarter, die Ruhe vor dem Sturm. So kann ich über den Col de Pré und den Cormet de Roselend völlig entspannt mit meinem Tempo drüber rollen.
Aber nein - aus meinem Trott winkt und ruft mir Beate am Roselend 1968 m ü. NHN direkt vor dem Zielstrich zu: „Noch 150 Meter!“. Unser Verpflegungsfahrzeug steht am Straßenrand. Hätte ich beinahe übersehen, hier ist inzwischen ordentlich was los, obwohl erst 7 Stunden später die Tour durchkommt. Lothar richtet  noch den Tisch mit leckeren Früchten und Getränken – so schön kann Rennradfahren in den Alpen sein.

In der Frühe als "Vorhut"  der Tour des France 2018 über Col de Pré und den Cormet de Roselend.

Bilder von Georg:


Etappe 6: 166 Kilometer, 1.500 Höhenmeter
Die hohen Berge lassen wir hinter uns und erreichen auf dieser Etappe Italien. Den Col du Mont Cenis haben wir schnell überwunden und rollen durch das Val di Susa. Hügelig geht es durch das Piemont zu unserem Ziel, nach Pont St. Martin.

am Col du Mont Cenis

Mein „Ruhetag“, denn ich darf das Verpflegungsfahrzeug fahren. So habe ich die Gelegenheit beim Aufstieg, der Abfahrt und am Col du Mont Cenis ein paar Fotos von unseren Teilnehmern zu schießen. Der Tag verspricht heiß zu werden. Die Etappe beinhaltet nur einen Anstieg. Der Schweiß wird auf dem Flachstück durch das Piemont, der nordwestlichsten Region Italiens, welche an Frankreich und die Schweiz grenzt, noch mächtig fließen. Die Alpenkette im Norden zeigt uns die höchsten Gipfel und Gletscher Italiens. Leider finden wir erst kurz vor unserem heutigen Etappenziel, in Carema die Gelateria Fantasy Delle Sorelle. Hier warten wir, bei einem leckeren Gelato und Cappuccino, im Schatten von großen Platanen auf unsere Radler.

 

Bilder von Georg:

Etappe 7: 177 Kilometer, 2.500 Höhenmeter
Die Etappe steht ganz im Zeichen der oberitalienischen Seen. Auf ruhigen Nebenstraßen fahren wir weiter durch das hügelige Piemont, vorbei am Lago Maggiore, Lago di Varese zu unserem Ziel in Como am Lago di Como.

Blick auf den Comer See

Bilder von Georg:


Etappe 8: 100 Kilometer, 1.600 Höhenmeter

Wer von Pässen genug und vor der Rückkehr in die Schweiz noch das italienische Dolce Vita genießen möchte, kann mit einem optionalen Abstecher über die Kapelle der Schutzpatronin der Radfahrer, Madonna di Ghisallo und einer Überfahrt mit der Fähre von Bellagio nach Varenna am Ostufer des Comer Sees entlang fahren (100 km, 1600 Hm).

Start in Como, dem einzigen Regentag unserer Etappenfahrt. Aufgrund erhöhter Luftfeuchtigkeit, haben wir die Etappe auf ca. 80 Kilometer mit 400 Höhenmeter beschränkt, mit Fährenüberfahrt von Bellagio nach Vrenna.

Bilder von Georg:


Etappe 9: 156 Kilometer, 3.000 Höhenmeter
Auf unserer letzten Etappe gibt es "nur" einen Anstieg zu meistern: Die Auffahrt zum Splügenpass. Danach geht es eigentlich nur noch bergab bzw. flach das Rheintal vor, zu unserem Startpunkt Rankweil.

Montespluga mit dem Lago di Montespluga auf 1900 m ü. NHN

Bilder von Georg:

Sonntag, 22. Juli 2018, alle zufrieden zurück an unserem Startpunkt in Rankweil, manche einige Pfunde leichter ;-)

Mein Dank geht an alle Mitradler für die aktive Mitwirkung, die zum Gelingen beitrug. Einen besonderen Dank an den "Chef de la Tour" Holger für die schöne Streckenplanung mit knackigen Anstiegen und pfeilschnellen, langen Abfahrten sowie die Auswahl der tollen Unterkünfte. Dank auch an Beate, die uns mit allem notwendigen Kulinarischen zwischendurch versorgte.

Kommentare: 4 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Lothar Stoiber (Mittwoch, 25 Juli 2018 12:39)

    kann dem nur zustimmen , war eine tolle Woche mit super Eindrücken , tolle Leute kennengelernt
    Wenn es wieder eine solche oder ähnliche Ausfahrt geplant wird , bin ich sofort dabei

  • #2

    Dirk (Montag, 30 Juli 2018 13:00)

    Stimmt Lothar, das war eine erstklassige Woche. Danke an Beate und Ulf für Euren Support und einen besonderen Dank an Holger für die perfekte Tourplanung. Von der Streckenplanung über die Unterkünfte bis zur Verpflegung war alles perfekt.

  • #3

    Ran (Dienstag, 07 August 2018 23:39)

    Wenn ihr nächsres Jahr noch so eine tolle Tour fahrt, bin ich auch dabei.

  • #4

    Sven (Sonntag, 12 August 2018 21:31)

    3 Wochen sind es nun, seitdem wir über den Splügenpass zurück nach Rankweil gefahren sind. Es war eine sehr schöne Woche, mit einer Menge von neuen Eindrücken, und atemberaubenden Auf- und Abfahrten. Großer Dank an den RTC, insbesondere Holger und Ulf, aber auch an alle anderen Mitradler, die diese Radtour zu einem wirklich einmaligen Erlebnis gemacht haben! Es war eine super Truppe!
    Insbesondere an die Fahrt über die Straßen kurz vor den Profis der Tour de France (Etappe 5) werde ich mich lange erinnern.