Cevennen - la Route des Gorges 2024

Sechs bis acht Radtage in den Cevennen

Vom Samstag, 8. Juni bis Samstag, 15. Juni 2024

 

Die Cevennen sind übersät mit einer Vielzahl an kleineren Pässen und Causses, welche Rennradlern die Möglichkeit geben, völlig ungestört durch ein wunderschöne wilde und raue Landschaft zu fahren. Dörfer mit einem ein Labyrinth aus winzigen Gassen, Treppchen, Toren und mittelalterlichem Gemäuer wirken verschlafen und idyllisch. Hier scheint die Hektik der Welt noch nicht angekommen zu sein. Nach kräftezehrenden Anstiegen können die grandiosen Weitblicke in die Landschaft genossen werden. Auf den Hochebenen bleibt es keine drei Kilometer flach und es ist (meist) mit kräftigem Gegenwind zu rechnen.

Ambitionierte TouR (A)

© OpenStreetMap contributors
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Moderate Tour (B)

© OpenStreetMap contributors
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Chillige Tour (C)

© OpenStreetMap contributors
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1. (rot) 2. (blau) 3. (hellgrün) 4. (hellblau) 5. (orange) 6. (pink) 7. (gelb) 8. (grün)

Tolle abwechslungsreiche Landschaft mit tiefen, faszinierenden Blicken in die unzähligen Gorges. Am Anfang der Route geprägt durch Kastanienwälder im Mittelteil mit Talabschnitten in denen es scheinbar nur Terrassen für den Zwiebelanbau gibt. Auf teilweise langen Anstiegen folgten unendlich erscheinende Abfahrten. Die Kurven und Kehern über kleine Brückchen der Seitentäler schienen kein Ende zunehmen. Im Talgrund ein paar vereinzelte Häuser und schon war man wieder in der puren Natur - sagenhaft.
Danke an Martin und Michael F. für die Ausarbeitung der an jedem Tag drei möglichen Streckenvarianten „A“ ambitioniert, „B“ moderat und „C“ für chillig, die wirklich jeden Tag etwas Neues für uns Rennradler bereithielten. Eigentlich ganz einfache Bezeichnung und zu merken, trotzdem gab es diesbezüglich immer wieder Nachfragen. ;-)

↗Les Causses et les Cévennes, paysage culturel de l’agro-pastoralisme méditerranéen ist seit 2011 als Weltkulturerbe der UNESCO eingetragen.

Etappenliste: Michael F.

 

Gesamthöhenprofil

Die einzelnen Etappentage


©Komoot Höhenprofile: Michael F.

Ein paar erste Bilder von unserer phantastischen Route, kreuz und quer durch die Cevennen... 

8. Juni 2024 vor dem Gand Hotel des Bains
8. Juni 2024 vor dem Gand Hotel des Bains
© Thies
© Thies

Nach der Übernachtung im ehrwürdigen Gand Hotel des Bains bot bei der ersten Etappe von Vals-les-Bains nach Les Vans mit dem ruhigen Col de la Croix de Millet tolle Ausblick auf das Vorgebirge, mit Almweiden, Mooren, Bächen und alten Wäldern, über das wilde Zentralmassiv. Es war der erste Teil der Drei-Pässe-Runde über den Col de la Croix de Bauzon und den Col du Meyrand.

Da die Wettervorhersagen am Freitagabend für den ersten Etappentag am Samstagmorgen noch leichten Niederschlag meldeten, starten die A/B-Gruppen erst gegen 9 Uhr. Die Chilligen "C-ler" gegen halb zehn. Die Straßen in Vals-les-Bains waren fast abgetrocknet und schon beim Einbiegen auf die ruhigen Nebensträßchen trocken. So steht einer schönen Tagesetappe nichts mehr im Wege.

Der keltische Donnergott Taranis des Massif de Tanargue (1.511 m) trat im prachtvollen Ginsterblütengelbdschungel für manchen Radler als „Göttin“ Aphrodite in Erscheinung und wurde noch oft besungen ;-).

Dem „C“-Fahrer blieb dieser Anblick verborgen. Dafür durften wir durch das wunderschöne einsame Drobie-Tal fahren. In der Umgebung der wenigen Dörfer finden sich Terrassierungen mit Weinanbau, welche die einzige Möglichkeit waren und sind, die steilen Hänge zu bewirtschaften. Vorherrschend sind ↗Kastanien. Die Kastanie war in 16. Jahrhundert eine beliebte Kulturpflanze. Die Einwohner aßen Kastanien getrocknet, gemahlen oder geröstet, in Suppen und zu tiefschwarzem Brot verbacken. Auf den letzten sechs Kilometern zum Col de l'Echelette waren nochmals knapp 400 Höhenmeter zu bezwingen.

Grand Hotel des Bains, 8. Juni 2024 © Siegbert
Grand Hotel des Bains, 8. Juni 2024 © Siegbert

Die ambitionierte Gruppe „A“ und moderate „B“ sind schon zehn Minuten von Hotel abgefahren, als mich der Hotelchef nach der noch fehlenden Keycard von H.W. frägt. Für H.W. heißt es noch mal zurück zum Hotel fahren. Er kann mit einem ambitionierten Zwischensprint die Gruppen A/B wieder einfangen.
Peter kommt nach einer langen Autonachtfahrt am späten Vormittag erst in Vals-les-Bains an und kürzt die vorgeschlagenen Strecken über Schotterwege, steile Rampen und fast zugewachsene Radwege, eher was fürs MTB oder Gravel, ab. Als wir von der C-Gruppe am Hotel Les Vanseen ankommen versucht er in seinem Zimmer seinen verpassten Schlaf nachzuholen.

Bei der zweiten Etappe von Les Vans nach Ispagnac stand für die ambitionierte Gruppe „A“ der der höchste echte Pass der Cevennen und dritthöchste des Massif Central der Col de Finiels (1.541 m) auf der Streckenliste.

Die geplante ambitionierte Zusatzschleifen zum Col de Pierre Plate und der Anstieg zur Baraque de l'Estrade wurde aus Wettervorhersagegründen, mit Gewitter und Starkregen 40 l/h zum späten Nachmittag oder Abend, auf den nächsten Etappentag verschoben. Eine dreier Gruppe nutzte eine gekürzte, südlich verlaufende „D“-Etappe, noch ein Buchstabe ;-) mit nur 96 Kilometer und 1.530 Höhenmeter.

Der Col de Finiels (1.541 m) ist der höchste echte Pass der Cevennen und dritthöchste des Massif Central. Der erste Teil von Le Bleymard bis zur Skistation „Le Chalet de Mont Lozère“ bei 7,5 Kilometer, mit dem typischen Charme einer französischen Wintersporteinrichtung, ist eher einfach, Weideland prägt das Bild. Danach wird die Landschaft karger und steigt nach einer Rechtskurve mit 8 bis 11 Prozent auf einem Kilometer an. Der Pass verbindet Le Bleymard im Lot-Tal mit dem im Süden liegenden Le Pont-de-Montvert im beginnenden Tarn-Tal. Beide Flüsse entspringen in der Gegend der Tarn nur unweit des Passes. Ein Waldstück direkt auf der Südseite des Col de Finiels erlaubt nur von der freien Almfläche der Nordseite, an klaren Tagen, freie Sicht auf die Auvergne. Ein größtenteils ländlich geprägtes und bergiges Gebiet mit ausgedehnten Wäldern und ruhenden Vulkanen. Die Auvergne ist eine historische französische Region im Zentrum des Landes. Von hier aus wurde Frankreich im 18. Jahrhundert kartografiert.

Der idyllische Ort Le Pont-de-Montvert liegt am Fuß des Bergs Lozère, der mit 1.699 Metern höchsten Erhebung der Cevennen und somit im Herzen des Nationalparks der Cevennen.

© Jochen H.
© Jochen H.

Ispagnac ist Campingplatzzeit. Die Unterbringung, diesmal für zwei Nächte, erfolgt in MobileHomes auf einem bewaldeten Platze am Tarn. Frühstück und Abendessen werden im angeschlossenen Hotel angeboten.

Geburtstagsständchen am Dienstagmorgen – gleich dreimal – auf Deutsch, Französisch und Englisch – von einer 50-köpfige Wandergruppe aus Lothringen unterstützt für Ralf und mich. Zum Frühstücken bleibt da wenig Zeit – Küsschen hier und Küsschen da.
Thema des Tages: Lothringerische Wanderpräsidentin und Schduágórder Rad Vorsitzender im Blitzlichtgewitter. ;-)

Sainte-Enimie © Jochen H.
Sainte-Enimie © Jochen H.

Ein Abstecher in das mittelalterliche Dorf Sainte-Enimie im Tarntal mit seinen alten Kopfsteinpflasterstraßen und gewölbten Gängen, gespickt mit breiten Treppen und hübschen Terrassen lohnte.

Castelbouc © Martin
Castelbouc © Martin

Beeindruckend in der Tan-Schlucht ist der Ort Castelbouc, der quasi an den Felswänden der Schlucht klebt. In den zahlreichen Höhlen und Nischen der Tarn-Felswände welche durch Auswaschungen entstanden haben sich Gänse- und Mönchsgeier, dank der Gründung des Nationalparks in den 80er Jahren wieder in den Schluchten angesiedelt. Sie ziehen von Thermik getragen im Cirque des Baumes ihre Kreise.

Lacets de La Malène
Lacets de La Malène

Die zehn Kehren welche sich von La Malène (Lacets de La Malène) an einer steilen Felswand auf die Causse Méjean (Kalk-Hochebene), empor schlängen waren bei der dritten Etappe (Ispagnac West-Rundtour) durch die ↗Gorges du Tarn in besonderes Erlebnis. Schon von La Malène bot sich ein Blick auf die kunstvoll in den Hang gebaute Straße.

Auf der zäh ansteigenden Hochebene konnte man den kühlen westlichen Gegenwind im wahrsten Sinne „erfahren“ – zäh. Ein plötzlich querendes Car postal, auf dem sonst absolut ruhigen Sträßchen forderte beim leichten Abwärts die volle Bremsleitung – ich – Glück gehabt.

Jontetal vor Perjuret
Jontetal vor Perjuret

Von Le Rozier folgt die Etappe ostwärts zunächst der wildromantischen Jonte-Schlucht. Der Fluss Jonte entspringt auf dem Mont-Aigoual und bahnt sich zwischen dem Causse Méjean und dem Causse Noir in einer fast unwirklich anmutenden, ständig wechselnden Landschaftskulisse, mit kreisenden Geiern, auf einer Länge von fast 40 Kilometern, seinen Weg durch die Schluchten von Le Rozier nach Meyrueis.

Roger Rivière
Roger Rivière

Erst auf dem letzten flachen Kilometer durch Weideland zeigt sich von Meyrueis kommend der Col de Perjuret. Dort treffen Peter und ich auf Diana und Jürgen. Bei der Ostabfahrt nach Les Vanels passieren wir eine Erinnerungstafel an ↗Roger Rivière der am 10. Juli 1960 auf der 14. Etappe der ↗47. Tour de France von Millau nach Avignon bei der Abfahrt vom Col du Perjuret in eine 30 Meter tiefe Schlucht stürzte und sich schwer an Kopf und Wirbelsäule verletzte.

In Florc Trois Rivières gönnen Diana, Peter und ich uns noch ein Eis auf die Hand. Da kommen auch schon die ambitionierten von Gruppe „A“ im schnellen Tempo an uns vorbei, um den verpassen Col de Pierre Plate vom Vortag unter die Räder zu nehmen. Die Abfahrt von der Causse (Hochfläche) über die acht Serpentinen nach Montbrun, wieder ins Tarn-Tal soll sehr schön gewesen zu sein. Unser Eis war auch lecker...

Mont Aigoual
Mont Aigoual

Quasi die Königs-Etappe Vier von Ispagnac nach Le Rey , die alle fahren durften, führte auf den ↗Mont Aigoual, den mit 1567 Metern zweithöchsten Berg der Cevennen und der Ort mit den größten Niederschlagsmengen, mit 170 Regentagen in Frankreich. Am "Wasserberg" (aygue) und "Windberg", 265 Tage mit starkem Wind (>16 m/s) und 241 Nebeltagen, kann es auch in der heißen Jahreszeit recht ungemütlich werden. Winde vom kühlen, feuchten Atlantik und die warmen Winde vom Mittelmeer sorgen für einen definitiv ungewöhnlichen Berg mit dem verrücktesten Wetter Frankreichs. Das Wetter am und zum Mont Aigoual kann sich augenblicklich "hinter jeder Kurve" ändern. Auf Sonnenschein folgt Regenschauer mit einem in allen Farben schillernden Regenbogen und am Gipfel herrschen dickste Nebelschwaden, sodass man die Hand nicht vor den Augen sieht. Bei klarem Wetter ist es möglich vom nicht bewaldeten Gipfel, mit Wetterwarte und Observatorium, weitreichende Ausblicke (mit über 300 Kilometer Fernsichtpotenzial!) südlich Richtung Mittelmeer oder dem Pic de la Maladeta in den Pyrenäen und östlich in die Alpen mit dem Gipfel des Mont Blanc, mit bloßen Augen erkennen. Leider vereiteln die vielen Aufbauten der Wetterstation etwas einen wirklich schönen 360-Grad-Panorama-Blick vom Türmchen der Wetterstation. Angeblich kann bei guter Sicht ein Viertel der Fläche Frankreichs eingesehen werden.

Mont Aigoual Panorama
Mont Aigoual Panorama

Doch vor dem Ausblick kommt der Anstieg von St. André de Valborgne gab es trotz des Waldes immer wieder schöne Aussichtspunkte Richtung Tal. Ein schmales Sträßchen führte für einen Kilometer mit bis zu 11 Prozent zu einem grandiosen Ausblick des Col Salidés (1014 m). In einer Zwischenabfahrt ging es in Serpentinen zu einer kleinen Brücke und von hieraus zum, auf zwei Kilometer mit durchschnittlich 10 Prozent, härtesten Teilstück des Anstieges. Der Anstieg zum Mont Aigoual ist 27 Kilometer lang und überbrückt 1.217 Höhenmeter mit max. 11 Prozent.
Wir hatten pures Wetterglück, zwar lud der doch sehr kühle, gut spürbare Wind aus West am Gipfel nicht unbedingt zum längeren Verweilen ein, aber er vertrieb mögliche Regenwolken und gewährte uns einen sagenhaften Rundumblick. Unser bewährtes Routingteam hatte auch für diesen Tag drei Streckenlängen zu Auswahl, so konnten alle diese herausfordernde Mont Aigoual-Etappe bewältigen.

© Thies
© Thies

Jürgen wird zunächst zum Hundebändiger. Aber die zwei weiteren herbeigeeilten Hütehunde bändigen (trennen) ihn, bei dem Versuch eine Schafherde zu fotografieren, von seinem auf der Weide abgelegten Rad. Was jetzt? Letztendlich kommt rettende Hilfe vom scheinbar schlafenden, mürrischen Schäfer. Tja, irgendwoher müssen der leckere Schafs- und Ziegenkäse herkommen. Die Abfahrt vom Mont Aigoual erstreckt sich über fast unendliche 35 Kilometer nur von einer „Schippe Sand“ unterbrochen. Ganz zum Schluss vor Le Vegan spielt die Komoot-Streckenplanung ihre Vorliebe für kurze, steile verwinkelte Abkürzungen aus. So kann ich die schnellen Abfahrer der B-Gruppe doch noch einholen.

"Assise"  Stuhl
"Assise" Stuhl

Ich nehmen windgeschützt, etwas unterhalb des Gipfels am Radweg auf ungewöhnlichen Stuhl „Assise“ der Künstlerin Marie Helène Richard Platz.
„Fernab der Städte eröffnen die Wege den Weg zu neuen Rhythmen. Eine weitere Vision des Lebens, in der die Zeit uns den Atem der Kontemplation verleiht, von Steinen, Bäumen und dem allgegenwärtigen Himmel. Eine körperliche Erfahrung der Begegnung mit der Natur. Eine Bank aus Holz und Ästen, deren Rückseite dünner wird und sich gen Himmel erhebt, als wollte sie wieder zu einem Baum werden“ Zitat: Marie Helène Richard

Château du Rey
Château du Rey

Wir erreichen an diesem Tag den kleinen Weiler Le Rey auf 200 Meter und eines der Übernachtungs-Highlights unserer Cevennentour das Château du Rey im L‘ Arre-Tal. Betrieben wird das Hotel von zwei engagierten, freundlichen Gastgeberinnen die sich am zweiten Frühstücksmorgen auf die 24 zeitgleich eintreffenden Raubtier-Frühstücks-Kaffee-Junkies eingestellt hatten. Das gemütliche Beisammensein nach dem Abendessen auf der Terrasse wurde aus wohlverdienter Radlererschöpfung und den aufkommenden kühlen Abendtemperaturen meist gegen zehn Uhr beendet.
Eine ideale Location für die drei geplanten Übernachtungen inklusiv sonnigem Pool zum Entspannen oder zur aktiven Erholung. Dieser erreicht dann am dritten Tag nach der Befüllung, zumindest an der Oberfläche, dank intensiver Sonneneinstrahlun, eine zumutbare Schwimmtemperatur von 20 °C, vom längeren Baden konnte man (ich) nicht sprechen.
Zum Abschied gab es fürs Hotelalbum noch ein Gruppenfoto (fehlt hier noch) vor dem Château.

Cirque de Navacelles
Cirque de Navacelles

Der fünfte Etappentag (Süd-Schleife) führte uns zum ↗Cirque de Navacelles im Vis-Tal eine große Karformation die durch Erosion des Kalkplateaus entstanden ist. Im Laufe der Zeit hat sich die Vis über einen Wasserfall, nördlich um den Cirque dem heutigen Flussverlauf, einen direkten Durchbruch ohne die südliche Schleife verschafft. Vom Aussichtpunkt „Belvedère de Blandas“ bietet sich ein einmaliger Blick in den Talkessel und auf die Flussschleife. Auf der anderen Talseite kann man den vor uns liegenden anspruchsvollen vier Kilometer langen Rennrad uphill aus dem Cirque nach La Baume Auriol mit gut 15 Prozent erkennen. Anspruchsvoll? Nicht für Georg der lächelnd, fotografierend im flotten Tempo an mir vorbeizieht.

© Jochen H.
© Jochen H.
© Martin
© Martin

Ein Abstecher im Talgrund zur Auberge de la Cascade lohnte sich nicht nur wegen des sehenswerten Wasserfalles.

Der Talkessel besitzt die Auszeichnung der UNESCO als Kulturerbe der Menschheit. Der Cirque liegt im Gebiet der Causses, französische Bezeichnung für die großflächigen Kalk-Hochebenen auf etwa 700 bis 1.200 Metern Höhe.

Das Wort "causse" leitet sich von den ↗occitanischen Wörtern "caous" und "chaux" ab, was so viel wie "hochgelegener isolierter Teil der Erdoberfläche" bedeutet. Die Causses zählen durch ihre herbe Schönheit (steppen- oder sogar fast wüstenartig) und durch die äußerst geringe Besiedelungsdichte zu den beeindruckendsten Landschaften Frankreichs. Wenn sich in einer Einsenkung (Doline) fruchtbarer Boden angesammelt, wird auf oft den winzigen Flächen Ackerbau betrieben.

Die Vis schlängelt sich im weiteren Verlauf zwischen den Klippen der Causse Blandas und dem Berg Séranne durch und gilt als einer der schönsten Flüsse im Zentralmassiv. Bei La Papeterie bot sich von der Vis-Brücke ein schöner Blick auf die Cascade de la Vis, einem künstlich angelegtem U-förmigen Wasserfall mit Badeplatz.

Cascade de la Vis
Cascade de la Vis
© Martin
© Martin

© Michael K.


Am sechsten Etappentag geht’s auf der West-Ost-Schleife unmittelbar gegenüber dem Château in den Anstieg zum Col de la Lusette mit 1.351 Meter. Nach Mandagout wird die Straße schmäler, es beginnt ein schöner kurviger durchaus knackiger(!) meist im Wald verlaufender Anstieg. Dieser ist 18 Kilometer lang und überbrückt 1.154 Höhenmeter und ist in Spitzen mit bis 14 Prozent aufgrund der Länge durchaus anspruchsvoll.
Nach L'Espérou folgt die Route zunächst der Grandes Gorges de la Dourbie einer eindrucksvollen tiefen Felsschlucht. Die Dourbie gehört zu den schwierigsten Kajakgewässern Frankreichs. Auf der moderaten Etappe welche, ab dem Scheitelpunkt nordöstlich über die D 710 übergeigend durch bewaldetes Gebiet verläuft, erreicht man nach ca. 20 Kilometer wieder L'Esperou. Bei der Serpentinen-Abfahrt ins Herault-Tal finden sich in den Kehern Belvedères die einen Blick auf den Mount Aigoual im Westen und die Gebirgszüge zum Borgne- und Gardon-Tal im Norden hin erlauben.

Zwiebelterrassen
Zwiebelterrassen

Für einen Teil der Gruppe ist der sechste Etappentag geprägt von Entspannung und aktiver Erholung. Brigitte, Günter L. und ich fuhren 32 Kilometer mit 833 Höhenmeter. Im "Land der Zwiebeln" begleiteten uns, am mehr oder weniger engen Talgrund Terrassenfelder jener geruchsintensiven Gewächse. Übrigens mit der Aktion der verkehrten Ortstafeln soll gesagt werden, dass die Politik und der Markt auf dem Kopf stehen.

 

Anekdote am Rande:
Nach meiner kleinen Runde fahre ich vom Parkplatz mit dem Rad, überambitioniert, direkt zum Hotelpool. Es herrscht schläfrige Poolruhe auf den Liegen. Also, nix wie weg, und per Rad auf dem schmalen Fußweg  zurück zur Wiese vor dem Hotel... Und schon liege ich hilflos, wie ein Käfer auf der Seite im Gebüsch. Das Geräusch, mein Schrei(?), hat jäh die Poolruhe unterbrochen und helfende Hände helfen mir wieder in die Senkrechte – hierfür Danke. Hatte wohl bei meiner zugegeben unüberlegten Aktion die Kiesschicht auf dem schmalen Weg unterschätzt.

Schock! Kurz vor dem Abendessen: Michael K. vermisst und sucht seine Geldbörse mit Ausweis, Scheck- und Kreditkarten! Er hatte den sonnigen Tag an der Cascade de la Vis zum Baden verbracht. Erinnerungsfragen und Erinnerungszweifel tun sich auf: Wo und wann ging die Geldbörse verloren? Eventuell doch an dem Straßenabschnitt als der Garmin die Strecke nicht richtig anzeigte und Michael K. zur Kontrolle aus der Trikottasche das Smartphon herausholte? Gewisse Panik – Ungewissheit -Verzweiflung! Mit dem Verpflegungsbus fahren die besorgte, liebe Erna und Michael K. die Stecke zurück – und tatsächlich sie finden die rote Geldbörse – ohne Verluste von Bargeld und Dokumenten. Glück gehabt! Aufatmen! Ein glücklicher Michael K. kommt gerade noch rechtzeitig zur Vorspeise.

Heute am siebten Etappentag verlassen wir Le Rey und fahren nach Alès, dem vorletzten Etappenort. Aus dem starkbefahrenen L‘ Hérault-Tal zum Col de Cap de Coste geht’s gleich zu Beginn mit bis zu 11 Prozent richtig zur Sache. Vorteil, wir sind wieder auf ruhigen Sträßchen entlang des L‘Elbes-Tal nach Saint Martial unterwegs. Ab Saint Martial ist bei einprozentigen Steigungswerten zum Col de la Tribale (612 m) eigentlich Genussradeln pur angesagt. Doch Lothar machte freundlicherweise für einen überholenden Autofahrer, auf der nicht vorhandenen Bankette, Platz und erwischte dabei unglücklicherweise mit dem Hinterrad einen spitzen Stein. Reifenpanne! Schlauch raus neuen rein (in der Zwischenzeit vier weitere Pannen-Kommentar-Helfer vor Ort – oh die mühsam gepumpte Luft geht am Ventileinsatz wieder raus – Einsatz eines Ventilschlüssel notwendig – immer noch nicht optimal – na ja, dritter Versuch – endlich dicht. Dann zweiter Schrecken – Hinterrad blockiert – wahrscheinlich während der ganzen Aktion von Helfenhänden – doch leicht den Bremshebel gezogen? Also, Hinterrad wieder raus – Beläge raus – Bremmskolben mit Reifenmontierhebel zurückdrücken. Aller guten Dinge sind auch hier drei Versuche. Endlich das Hinterrad läuft wieder frei! So konnte es mit vereinten Kräften weiter gehen.

Auf der Panoramastrecke kurz vor dem Col de l'Asclier (905 m) noch eine Schafherde.

Auf beiden Seiten des etwa 20 Meter langen Col de l'Asclier Passtunnels bietet sich ein herrlicher Blick. Bei guter Sicht, lohnt es sich auf den Tunnel hochzuklettern. Von dort sieht man im Nordwesten das Massiv des Mont Aigoual, im Süden die Ebene des Languedoc bis zum Mittelmeer, im Westen die Causses und im Osten bei guter Sicht sogar den Mont Ventoux. Der Tunnel wurde gebaut, um den großen Schafherden bei der Wanderweidewirtschaft (Transhumance) einen Übergang zu ermöglichen. Wir Verbliebeden sind durch die Panne etwas im Zeitverzug, hauptsächlich die, die noch die „A“-Etappe fahren wollen und die Sicht ist nicht allzu gut, also entschließen wir uns auf die Tunnelbesteigung zu verzichten.

In Saint-Jean-du-Gard suchrn die "B"-Faher nach einem Café und stoßen am Bahnhof auf den "Train à Vapeur des Cèvennes" mit Jim-Knopf und seiner Lokomotive :-)  siehe Filmchen la Route des Gorges.

Beschwingt von Jim-Knopf im Lummerland und dem profanen "Kaffee" aus dem Pappbecher bezwingen wir den letzten Anstieg der siebten Etappe über ein schmales, schönes Sträßchen von Aubignac zum Col d'Uglas (539 m).

Wir erreichen völlig unverhofft nach sieben Tagen die erste Ampelkreuzung unserer Tour in Alès. Was für ein Verkehrschaos – ich werde gleich von einem Linienbusfahrer mit einer wahren Hupsalve aus meinen Cevennen-Täumen von einsamen, idyllischen Sträßchen geweckt.

© Brigitte Günter © Thies
© Brigitte Günter © Thies

Nach dem Abendessen im IBIS Hotel Alès Konferenzraum, in dem auch unsere Räder stehen, folgt um 21 Uhr bei der Europa Fußballmeisterschaft das Eröffnungsspiel Deutschland – Schottland. Über Thies Laptop und den vorhandenen Deckenbeamer mit Leinwand verfolgen die Fußballfans unter uns das Spiel. Mega-Auftakt für Deutschland mit 5:1 Endstand!

Es kommen zuvor noch Zweifel auf, ob der ebenerdige Konferenzraum mit Mega-Fensterfront zum Innenhof, der ideale Aufbewahrungsplatz für unsere Räder ist.

Letzter Etappentag von Alès nach Vals-les-BainsLe Grande Belvedere
Zunächst verlassen wir Alés landschaftlich eher unspektakulär. Bei der "Furtdurchfahrt" über die Cèze mit einer schmalen, zwar niedrigen Brücke, aber ohne Geländer, wird es durch einen etwas rücksichtslosen Hängerfahrer mit überstehender Ladung für einige von uns richtig eng. :-((
Etwas Abwechslung und wilkommene Verschnaufpause verschaffen wir uns bei einem Lavendelfeld mit der Inszenierung eines Bild Arrangement mit Radlerin.
Im Département Ardèche gibt es Täler und Schluchten noch und nöcher, was sich topografisch als Radler durchaus bemerkbar macht. Die am Rand des Canyons ↗Gorges de l’Ardèche (beliebtes Revier für den Kanusport) entlang führende Ardèche-Höhenstraße (Corniche) zwischen den Orten Saint-Martin-d’Ardèche und Vallon-Pont-d’Arc bot bis in 300 Meter Tiefe spektakuläre Ausblicke in den Canyon und auf den Fluss.
Zuvor bot Beate aus ihrem Verpflegungswagen nochmals alles auf was hungrige Radler benötigen. Kurz nach der Ankunft der „B“-Gruppe fängt es an leicht zu tröpfeln. Die blaue Bauzaunplane leistet, mit uns Radlern als Stützen, gute Dienste. Leider hat keiner, diese von außen betrachtet sicher kuriose Situation, im Bilde festgehalten. Die eine erhobene Hand an der Plane, die andere eine an dem lecken belegten Baguette oder am Getränkebecher, da blieb nicht viel übrig.

Nach den letzten Häuser von St.-Martin-d’Ardèche (61 m) eröffnet sich der Blick Richtung Süden auf die Schlucht. Die Straße steigt zunächst mit angenehmen 6 Prozent an. Der Straßenverlauf zum Col du Serre de Tourre (340 m) ist abwechslungsreich, teilweise unmittelbar am Rand der Schlucht um kurz darauf für einige Kilometer durch dichten Wald zu führen.

Georges d'Arèche vom Balcon la Maladrerie
Georges d'Arèche vom Balcon la Maladrerie
"Die Ambitionierten vor dem Abgrund der Georges d'Arèche" © Martin
"Die Ambitionierten vor dem Abgrund der Georges d'Arèche" © Martin
Pont d’Arc
Pont d’Arc

Da der Verlauf wellenförmig der Topographie folgt werden wesentlich mehr Höhenmeter absolviert als Ausgangs- und Endhöhe erwarten lassen. Die vielen spektakulären Aussichtspunkte an den „Balcons“ begeistern mit traumhaften Blicken in die Gorges, zehrten aber auf der anderen Seite etwas an meiner Fittens. Das Stopp & Go schien für meinen Muskeln nicht gut zu sein, jedenfalls fühle ich mich bei Vallon-Port-d’Arc zunächst wie wenn ich schon 2.000 Höhenmeter in den Beinen hätte. Vielleicht lag es auch an den vergangenen sieben Radtagen.
Das natürliche Felsentor einer Steinbrücke von 60 Metern Höhe, der ↗Pont d’Arc welche das klare Wasser der Ardèche überspannt bestaunen wir kurz vor Vallon-Pont-d‘Arc.

Kurz vor Vogüé Gare wechseln wir auf einen Radweg, eine ehemalige Bahntrasse mit tollen Blicken von der Brücken ins L’Auzun und gleich danach ins L’Ardèche-Tal. Gleich danach geht’s auf feinem Schotter durch den grünbeleuchteten Tunnel de L‘Elcluse, siehe Filmchen von Thies. Eine Schöne Abwechslung der sonst für uns verhöhnte Cevennenradler zur zähen, hügeligen Landstraße.


Château de Momtlaur, Aubenas
Château de Momtlaur, Aubenas

In Aubenas entschließen wir „B“-Fahrer uns vor einem etwas „versteckten“ alten Caféhaus die zurückliegenden Etappentage bei Kaffee und Kuchen ausklingen zu lassen.
Beim Vertilgen der Essensreste vor dem Gand Hotel des Bains macht Sabine Yogaübungen, angeregt durch Jochen K‘s. spontanem aufstehen, ohne Zuhilfenahme der Hände aus dem Schneidersitz.

Übrigens, aufgrund der zu erwartenden spektakulären Aussichtspunkte an den „Balcons“ in die Gorges de l’Ardèche gab es keine chilligen "C"-Tour Fahrer.

© Thies
© Thies

Diana fuhr bis auf die zweite Etappe wegen Unwetterwarnung mit Starkregen und Gewitter alle „C“-Touren und bei der achten Etappe sogar die „B“-Variante. Teils alleine teils in Begleitung, Sie hatte Kampfgeist  und Zuversicht und immer ein Lächeln im Zielort. Danke hierfür! Respek für deine Leistung!

© Diana
© Diana

Tja, und Martin mit seinem gebrochenen Schlüsselbein radelte nur am ersten Tag mit mir die „C“-Etappe, dann war er, wie eigentlich auch erwartetet, auf der ambitionierten „A“, seiner ausgearbeiteten Tour unterwegs.

Dem unermüdlichen, sehr geduldigen, zu jeder Tages(abend)zeit bereitstehenden Thies dem gilt der Dank aller Fahrradreparatur-Freunde die schon mit nicht ordnungsgemäßem gewartetem Rad ankamen oder im Verlauf der Tour einen Full Service benötigten und aus Thies umfangreichen Fundus an Werkzeugen und Hilfestellungen schöpfen durften.

Und dem Thies als Tourenführer, der wie immer die Gruppe(n) mit seinem Tempo und der notwendigen Umsicht zusammenhielt.

Zum Schluss gilt unser aller besonderer Dank an Beate, mit ihrer Vielfalt an lokalen Produkten und bewährten Klassikern, es blieben keine Wünsche bei der Verpflegung offen. Leider konnte sie in diesem Jahr Gesundheitlich keinen Etappenabschnitt unter die Fahrräder nehmen, sondern musste sich mit Höhenbeschränkungen max. 1,90 im den schmalen Ortssträßchen rumschlagen. Danke an dieser Stelle, an Googlemaps-Routing-Funktion die, die kleinsten Sträßchen, die man sicher nicht mit einem langen Sprinter fahren will vorschlägt. Herausfordernd war es den Verpflegungsbus rückwärts aus den Sträßchen unter strenger Beobachtung der Anwohner aus den Fenstern und von Balkonen  zurückzusetzten. Oder im Dauerpiep-Modus den Sprinter über die eigentlich zu schmale Ardèche Brücke bei Saint-Martin d’Ardèche zu zirkeln.

Bilder Thies:

Bilder Jochen H.:

Bilder Georg M.:

Bilder Brigitte und Günter:

Bilder Diana:

Bilder Martin:

Bilder Michael K.:

Wir hatten in den acht Radtagen echtes Wetterglück, kein Regen so lange wir unterwegs waren! Bei den Wetterkapriolen in der unmittelbaren Umgebung bzw. in ganz Zentraleuropa ein kleines Wunder.

 

Einen unglücklichen Sturz bergauf mit Schürf- und kleiner Schnittwunde am Ellenbogen. Diese konnte aber dank schneller Hilfe der zufällig vorbeikommenden Straßenwacht mit gutem Kontakt zur Feuerwehr und kurzem Krankenhausbesuch professionell versorgt werden. Am nächsten Tag ging’s für den Radler H.V. schon wieder auf die Strecke. Danke auch an Erna!
 

Soweit so gut. Gerne dürft ihr mir eure Textbeiträge über eure besonderen Erlebnisse zukommen lassen.

Danke schon mal an Michael F., Lothar und Jochen K. für eure unfangreiche Stichwortsammlung. Bei manchen Stichworten fehlte mir (noch) der Bezug. Mit euren Bildern in der Cloud kann ich die Textwüste etwas auflockern.

Ich bedanke mich bei allen für die schöne gemeinsame Tour, bei der ich Namentlich von Ulf zu Günter K. und Georg und wieder zurück wandelte…

Text: Ulf /19.06.2024 Bilder: Diana, Georg, Jochen. H., Martin, Michael K., Thies, Ulf /22.06.2024

Video:  Jochen H.


Sag jetzt nichts...

...und wie war's?

Stand: 02.07.2024

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Kommentare: 2
  • #1

    Michael K. (Donnerstag, 27 Juni 2024 08:27)

    Vielen Dank an Ulf für diesen tollen, ausführlichen Bericht. Dem ist kaum was zuzufügen. Vielen Dank an die Planer, die viel Zeit investiert haben, damit die Etappentour stattfinden konnte. Auf diese Weise eine Gegend kennen zu lernen, von der ich bis dato noch nichts kannte, war eine wunderbare Erfahrung. Der Zusammenhalt und die gegenseitige Rücksichtnahme in der Gruppe war bemerkenswert. Ich finde der RTC Stuttgart hat mit seinen Etappentouren ein hohes Maß an Attraktivität dazugewonnen. Es macht richtig Spaß Mitglied in diesem Verein zu sein.
    Michael

  • #2

    Jochen H (Sonntag, 28 Juli 2024 21:48)

    Dank der super Planung und Helfer und natürlich der perfekten Verpflegung ein absolutes Highlight. Danke an alle die diese Woche ermöglicht haben. Das schreit nach Wiederholung!